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19 / Das Fasanengehege von Sokolnice


GPS: 49.1192314N, 16.7261689E

19 / Das Fasanengehege von Sokolnice

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Der Ort Sokolnice liegt am rechten Ufer des Zlatý-Baches, etwa 11 km südöstlich von Brünn entfernt. Die erste schriftliche Erwähnung der Gemeinde stammt bereits aus dem Jahr 1408. Mit der hiesigen Geschichte sind auch die Grafengeschlechter Dietrichstein und Mitrovský eng verbunden – sie besaßen einige Generationen lang das Schloss in Sokolnice, das eine Dominante des Ortes ist. Es handelt sich um eine ursprüngliche Renaissancefestung, welche die Dietrichsteiner im Jahr 1705 für 154 000 Gulden erlangten. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die ursprüngliche Festung zu einem einstöckigen, dreiflügeligen Schloss umgebaut (ursprünglich war der Bau eines vollkommen neuen Sitzes geplant gewesen, aber wegen Geldmangel kam es nur zu einem Umbau). Die Rekonstruktion wurde vom Barockarchitekten Anton Grimm im französischen Stil durchgeführt. Das Schloss Sokolnice mit seinem Uhrtürmchen mit einem lateinischen Kreuz an der Spitze wurde so zu einem für mährische Verhältnisse ungewöhnlichen Bauwerk. Seine letzten adeligen Besitzer waren ab dem Jahr 1843 die Angehörigen des Geschlechts Mitrovský aus Nemyšl, die dem Schloss, das während der Schlacht niederbrannte, sein heutiges neugotisches Aussehen verliehen. Heute befindet sich ein Seniorenheim im Schloss.

Das Abbild des Krieges auf der Wand

Im schönen Schlosspark befindet sich ein Tiergehege (genauer gesagt ein Fasanengehege), durch welches der Zlatý-Bach durchfließt. Der Schlosspark ist der Öffentlichkeit zugänglich. Auf Anfrage ist auch die Schlosskapelle zu besichtigen, die der Kreuzerhöhung geweiht ist. Bemerkenswert sind vor allem die Deckenmalerei in der Kapelle, die sich unter den Wappen in den Eckmedaillons befindet, und die Statuen aus der Werkstatt von Ignatius Langelacher. Die Kapelle wurde im Jahr 1750 geweiht. An die Schlacht von Austerlitz erinnert bis heute eine französische gusseiserne Granate, die in der Wand des ehemaligen Forsthauses beim Schloss eingemauert ist.
Das unweit gelegene Fasanengehege (ein ummauerter Park im Tal des Zlatý-Baches, der durch seine Mitte fließt), ist Gegenstand fieberhafter Diskussionen unter Historikern. Hier ist nämliche eine Aufstellung von fünf französischen Kanonen dargestellt, die Echtheit dieser Zeichnung wird aber bezweifelt. Auch über das Alter der eigentlichen Ummauerung sind sich die Experten nicht einig – nach einigen Angaben stammt sie erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und existierte hier während der Schlacht bei Austerlitz noch nicht. Es sind keine glaubwürdigen historischen Quellen bekannt, die bestätigen würden, dass die Franzosen hier überhaupt irgendwelche Kanonen aufgebaut hätten. Außerdem müssten die Kanonen hier gegen den Hang schießen, was die ihre Effektivität wesentlich senken würde, und es würde sich um eine sehr ungünstige Position handeln – wenn der Gegner auf der Anhöhe gegenüber dem Fasanengehege Stellung beziehen würde, hätte er einen guten Überblick über die französischen Soldaten. Andererseits, wie könnten Infanteristen ohne Kanonen einem Ansturm von rund 30 Tausend feindlichen Soldaten, die von der Anhöhe bei Prace hinabkamen, standhalten? Die Stellen, an denen die Kanonen gestanden haben sollen, sind heute mit 5 Kreuzen in der Mauer gekennzeichnet.

Kleider machen „den Soldaten“

Jedenfalls steht aber fest, dass in Sokolnice erbitterte Kämpfe stattfanden. Vielleicht fragen Sie sich, wie sich die Soldaten der einzelnen Armeen während der verschiedenen Kollisionen und Nahkämpfe voneinander unterschieden. In den nächsten Zeilen werden Sie erfahren, wie unterschiedlich die Uniformen der französischen, russischen und österreichischen Soldaten waren. Die Franzosen waren vorwiegend blau, die Russen grün und die Österreicher weiß gewandet. Nicht nur die einzelnen Armeen hatten unterschiedliche Bekleidung, sondern auch die einzelnen Posten in der Armee. Infanteristen, Kürassiere oder Artilleristen hatten jeweils unterschiedliche Uniformen. Alle drei Armeen, die in der Schlacht von Austerlitz kämpften, hatten zahlreiche Veränderungen durchgemacht, was sich auch in den Uniformen äußerte. Es wurden neue Typen von Uniformen und Kopfbedeckungen eingeführt. Interessant ist, dass bei der französischen Armee nie der klassische Zopf verschwand, im Gegensatz zur österreichischen und später auch russischen Armee – bei der französischen kaiserlichen Garde war er sogar vorgeschrieben.

Sobald Sie vom Friedensdenkmal abfahren, können Sie kurz an der Straße von Prace nach Sokolnice stehen bleiben und sich in der Umgebung umsehen. Vor sich sehen Sie den südwestlichen Teil des Schlachtplatzes, wo den ganzen Tag lang Kämpfe stattfanden.

Im Zentrum der Ortschaft liegt ein romantischer Teich mit einer Insel und auf den Wasserflächen in der größeren Umgebung können sich Interessenten der Sport- und Hobbyfischerei widmen. Im Nordwesten der Gemeinde befindet sich ein Naturschutzgebiet – die Talaue des Flusses Dunávka. Das einzigartige Biotop heißt Žabárník (zu Deutsch in etwa „Froschtümpel“) und ist die Heimat zahlreicher gefährdeter Vogel-, Amphibien- und Reptilienarten und anderer Tiere. Das Gebiet ist Teil der Mikroregion Cezava, die 5 Gemeinden vereint (Kobylnice, Sokolnice, Telnice, Žatčany und Újezd u Brna). Neben Naturschönheiten sind hier auch zahlreiche andere historische und kirchliche Sehenswürdigkeiten zu finden.